Gogo (auf Raten IV)

Gogo schauderte. Obwohl er die Worte bereits unzählige Male gelesen hatte, so oft, dass er sie auch ohne auf das Papier zu blicken, exakt wiedergeben konnte, ließen ihn die Zeilen immer wieder erschrocken innehalten. Es war schlichtweg unmöglich. Seit exakt 88 Tagen stand er sich selbst wie ein Fremder gegenüberstand und versuchte sich daran, die losen Fragmente seiner Selbst vergeblich zusammen zu halten.

Wie musste sich eine Geschichte anfühlen, um die eigene zu sein?
Wie konnte er spüren, dass das, was er sich von sich selbst erzählte, der Wahrheit entsprach, wenn ihm doch alles daran fremd erschien?

Sein Körper war für ihn nur dumpf spürbar, seine Gliedmaßen: steuerbar aber taub; mit jedem ausgesprochenen Wort kam zugleich die Frage danach, woher sein Gesprochenes kam und seine Stimme klang ihm grotesk in den Ohren.

Gogo war zugleich Blick und Objekt seiner Betrachtung  –  gefangen in einem ihm unüberbrückbaren Graben dazwischen. So vielen Geschichten er in sich nachzuspüren versuchte, keine davon schmiegte sich gleichermaßen an ihn, wie etwas Bekanntes. Alle erschienen ihm bruchstückhaft, in keiner konnte er sich selbst erkennen.

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