Heute sind alle Menschen in mir
Blumen und ich
stelle mir eine Vielfalt vor, die
in mir blüht.
Orchideen kreuzen sich mit Sonneblumen, Kornblumen verstecken sich unter Farnen, das Schilf ähnelt dem Getreide im Wind und kleine Tulpenzwerge haben sich auf mir angesiedelt. Ob ich sie bewegen kann, frage ich mich und imaginiere die Zwergentulpen von meinen Beinen zu heben, sie umzupflanzen, ebenso mit Entfernungen zwischen anderen Pflanzen zu experimentieren. Ein angenehmes Gefühl, ausgelöst durch die Imagination von wehenden Farnen, wird von penetranten Pilzen unterbrochen.
Ich richte meinen Blick auf die braunen Störenfriede, die in Massen aus dem Boden ploppen, versuche sie umzupflanzen und bemerke dabei, dass sie miteinander verbunden sind. Ein Netz umzieht die Welt im Inneren und verwebt die Pilze allesamt in einem fluoreszierenden Geflecht. Meine Aufmerksamkeit wird in die Tiefe, ins Erdinnere, gezogen, wo es in Neonfarben blinkt und leuchtet.
Adamatzky sagt: Pilze kommunizieren über elektrische Aktivität;
Adamatzky sagt: die Verteilung ihrer Wortlängen entspricht denen menschlicher Sprachen und
Adamatzky sagt: Besonders gesprächig, mit einem Wortschatz von etwa 50 Wörtern, ist der Spaltblättling (dicht gefolgt von der Puppen-Kernkeule).
Ein Pilz-Chat, denke ich (und mhmm Pizza Funghi) und
frage mich, ob es auch zwischen den Schwammerln kommunikative Missverständnisse gibt. Wie muss es sein, auf Gedeih und Verderb miteinander verbunden zu sein, gewoben in ein Netz mit allen Pilzbrüdern und -schwestern?
Ich erinnere mich an die Panik zu Beginn beider Schwangerschaften – ausgelöst durch die Vorstellung, meinen Körper nun nicht mehr für mich alleine zu haben.
Der Gedanke, dass die Welt im Inneren von einem leuchtenden Netz durchzogen ist, lässt mich mit den Pilzen Frieden schließen. Mein Geist schlüpft ins bunte Geflecht, um sich darin einzuweben, wie Fäden in einen Tibetteppich.
Als ich 10 war, vebrachte ich mit meinen Eltern einen Sommer in Tunesien. Ich war ein zartes Mädchen mit weißblonden Haaren und besonders am Bazar hatte mein Vater zurecht Angst, mich zu verlieren. Es kam bei nahezu jedem Marktbesuch vor, dass ich von einem der Männer in einen Marktstand gezogen wurde – vermutlich, um meine Eltern anzulocken. Einmal wurde ich in ein Teppichgeschäft gebracht und es ging so schnell, dass meine Eltern eine zeitlang zu suchen hatten, bis sie mich fanden. Mit Wasserpfeife und Tee wurde mein Vater schließlich im Laden besänftigt, auch wenn ich noch lange nicht beruhigt war.
Dennoch ist es eine angenehme Vorstellung, dass Pilze mit der Erde einen Teppich knüpfen, ein Netz von sich aus durch die Welt weben, dass sie nicht aus der Welt fallen können und darin gehalten sind;
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